Zunge am Boden

Er konnte in der Stadt stehen und die Hände an der sauber gehaltenen und eitel ausgewählten Kleidung reiben und doch das Gefühl von anhaftendem Schmutz haben. Dieser Eindruck nährte sich verschwommen aus einem ihm anhängenden Bild: seine Zunge über dem Boden dicke Bluttropfen verlierend und er war um des Überlebens willen gezwungen ihnen hinterherzulecken. Und nicht einmal der Dreck war es, der ihm zu schaffen machte, sondern das absonderliche und rothölzerne Kratzen der Zunge an dunklem, rauen und abgewetzten Asphalt großstädtischer Bürgersteige. Und wenn er mit den Händen an den weichen Hosenbeinen entlangfahrend in der Straße stehend diesen Gedanken fasste, dann zuckte er merklich zusammen. Manchmal konnte er nicht von dem Gedanken lassen und er wusste, wenn er zu lange wartete, würde er von weiteren, unkontrollierbaren Wahrnehmungen befleckt werden und sich an ihnen erfreuen. So überkam ihn das Geräusch der über den Boden kratzenden Zunge. Es war als legte er sein Ohr vorsichtig, den Kopf langsam absenkend, einem schabenden Geräusch entgegen, dessen gutturale Farbe weißlich schimmernden Ekel hervorrief. Er ging weiter. Nach einer Weile konnte er fühlen wie die starren Wege unter seinen Füßen aufweichten, bis schließlich der Boden brach und ihn in vages Dunkel zu ziehen schien. Als er merkte, dass er sich in diesen Gedankenspielen verlor, erhob er seinen Kopf, rieb die Hände erneut an seinen Hosenbeinen und achtete auf das unangenehme lauwarme Geräusch, das dadurch entstand.
Es erinnerte ihn an die modrige Struktur der Gebäude und das wässrige Auge dieser ganzen Stadt. Sie schien wie ein Zyklop auf ihn herabzustarren. Seine Augen hingegen waren taub und degeneriert. Vielleicht konnte er deshalb nicht sehen, dass die Wände auf ihn herab schrien, sondern konnte die rissigen und faltigen Verbeugungen des herabbröckelnden Putzes nur schmecken.